Was die Mondmotte sah<p><em>Diese sind Übersetzungen aus einem bisher unbekannten griechischen Dialekt. Es scheint sich um die unvollständigen Aufzeichnungen eines Abenteurers namens Zorizal Qaan zu handeln. (Mehr unter Figuren. Spoiler für 'The Anthropophagi of Xambaala'.)</em></p>
<p>O Fremder, erinnere dich daran, wie elend unsere Niederlage war, wie groß die Schmach, als wir vor geschuppten Schrecken fliehen mussten und uns zurück in die liebevollen Arme des krötenhaften Wesens begaben, das wir damals liebevolle Mutter nannten! Ihr Zauber lag auf mir und noch konnte ich ihn nicht abschütteln, so wundersam es dir scheinen mag. Es ist wahr, dass sie unsere Wunden heilte, mein verloren geglaubtes Auge rettete. Aber ihr Preis war weiter allein das schädelgroße Juwel, nach dem sie sich seit langem sehnte. Mir wollte noch nicht in den Sinn kommen, dass unsere Leben ihr gleich waren. Heimtückisch ist die Zauberei.</p>
<p>Wir berieten uns, unsere Aufgabe nochmals anzugehen und nun klüger vorzugehen. Der stille Fluss brachte uns erneut an unser Zeil, die seltsam verzerrten, zyklopischen Bauwerke, die unsere Köpfe beim bloßen Ansehen schmerzen ließen. Sie gehörten nicht hierher. Schon der Gedanke daran, wer sie einst erbaut haben mochte, ließ mir einen Schauder über den Nacken kriechen.</p>
<p>Der einzige Ort mit einem sichtbaren Eingang befand sich auf der Insel mitten im Fluss, die gute 15 Schritt hohe runde Kuppel zeigte keine Zeichen von Leben. Wir wussten es besser.
Wir nahmen uns die Zeit, die Reliefs auf der Kuppel zu betrachten. Sie zeigten riesenhafte, gehörnte, einäugige Wesen, vor denen sich Menschen in Verehrung zu Boden warfen.
Wir schickten Misti vor, die Katzengefährten des alten Ugulaan. Der alte Hexer konnte durch ihre Augen sehen – es mag widerwärtige Zauberei sein, aber ich will zugeben, dass sie ihren Nutzen hatte.</p>
<p>Ugulaan konnte von 3 der Echsenwesen im Innern berichten, begleitet von einem Paar ihrer üblen Kobra-Schoßtieren.</p>
<p>Erneut bewies er die Macht seiner feigen Zauberei: Alle Wesen im Innern der Kuppel sanken im tiefen magischen Schlaf zu Boden, doch einer zog seine krumme Klinge und stürmte auf uns zu – Tychos konnte nicht mehr rechtzeitig parieren und wurde getroffen, Blut rann von seinem Arm. Die Wunde war nicht tief – zum Glück, beim Strahlenden! Der Geschuppte lernte die Schnelligkeit meines Waffenarms kennen, als sich die Klinge meiner echte Mutter tief über seine Schulter bis tief in seine Brust biss. Das war ein kurzes Scharmützel. Ugulaan war sicher, dass der tief magische Schlaf wohl mehr als eine Stunde andauern würde und so verzichteten wir darauf, den Schlafenden die Kehlen durchzuschneiden. Die Versuchung war groß, denn diese Gnade hätten sie uns wohl nicht zugebilligt.</p>
<p>Auf einem Podest an der Wand lag ein großes blau leuchtendes Juwel – Mutter redete von einem roten Stein, aber dieses Geschmeide sah kostbar genug aus, um es mit großer Vorsicht mitzunehmen.</p>
<p>Oh, wären wir nicht so gierig gewesen! Oh, wären wir nicht derart töricht gewesen! Der blaue Stein zerbarst bei der geringsten Berührung! Es war eine heimtückische Falle! Alles drehte sich um uns, was wir für Realität hielten zerfloss vor unseren Augen und Übelkeit überkam uns.</p>
<p>In einem anderen Kuppelbau kamen wir wieder zu uns. Die Perspektiven stimmten einfach nicht, alles war verwirrend. Die Wände waren bedeckt mit scheußlichen Kreaturen aus anderen Welten, die reglos hinter Glas eingesperrt waren, wie ich es in Chromarium in einem Laden für magische Kuriositäten gesehen habe. Damals hatte ich darauf geachtet, dem Laden nicht zu nahe zu kommen, hier hatte ich keine Wahl.</p>
<p>Weit oben in der Kuppel sahen wir einen offen stehenden Ausgang in Form eines geöffneten Auges. Der einzige Ausweg. Tychos nahm Kletterhaken und Steil und rammte seinen Dolch in die Spalten zwischen den Glasbehältnissen, um hoch zu klettern. Er ist wie einer dieser kleinen Affen, die mit Leichtigkeit an ihren Herrn emporklettern und das sage ich nicht ohne Bewunderung! Ich gebe zu: Er riecht an den meisten Tagen bedeutend besser als das durchschnittliche Straßenäffchen.</p>
<p>Er huschte durch die Augentür und wir konnten nur zusehen, wie sich der Durchgang schloss und das Seil durchtrennte. Unser Fluchtweg war blockiert und unser Dieb verloren. Wir hören ihn über uns fluchen, wohl weil er scheiterte, die Mechanismen zu überwinden. Nicht genug damit, dass wir gefangen waren – ein lautes Zischen ertönte – die Luft wurde aus dem Raum gesaugt.</p>
<p>Ich mag die Diebeskunst nicht beherrschen und sicher bin ich kein elender Zauberer, aber ich kann praktische Ideen haben. Die schlafenden Echsenwesen konnten uns noch von Nutzen sein und in diesem Moment ware dieser Nutzen, die Entlüftungsöffnungen zu verstopfen. Es sah schmerzhaft aus, wie sich ihre Leiber ein Stück weit in die Öffnungen saugten, aber wie ich sagte: Sie sollten uns für diese Aufgabe dankbar sein, beim Strahlenden!</p>
<p>Wir hatten noch Kletterhaken und wir hatten noch Seile und Eybjörgs sichere Hand gab uns noch eine Chance, dem verschlossenen Tor entgegen zu klettern. Roar und ich schauten uns an – es war die Stunde brutaler Kraft gekommen.</p>
<p>Der Nordling opferte sein Blut einer seiner Runen und wuchs vor unseren Augen zu doppelter Größe an. Das war eine Magie, der ich nicht traute, aber sie war besser als die Scheußlichkeiten aus Ugulaans schwächlicher Hand! Wir kletterten hoch. Am Ende war das Tor kein Hindernis für meine stählernen Muskel und ich brach es mit bloßen Händen auf.</p>
<p>Tychos hatte unversehrt auf uns gewartet und die Freude über unser Entkommen war groß! Ich frage mich heute manchmal, welches Schicksal uns erwartet hätte, aber damals hatte ich Besseres zu tun, als meine Neugierde nachzugeben.</p>
<p>Ein Gang brachte uns zu einem bedenklich schmalen Steg, der über einen schier bodenlos scheinende Schlucht führte. Meine Augen strengten sich vergebens an, in der tintenschwarzen Tiefe irgendetwas zu erkennen. Unsere unerschrockene Späherin Eybjörk bewies erneut ihren Mut, als sie sich herüber wagte und den Weg mit Seilen sicherte. Dank ihr schafften wir es auf diese Weise auf die andere Seite.</p>
<p>Die Gänge hier waren alt und lange verlassen. Die scharfen Augen unserer Kundschafter entdeckten eine verborgene Tür, die in ein denkwürdiges Zimmer führten. Ein Regal auf dem rätselhafte Phiolen mit unheilig gefärbten Flüssigkeiten stand dort und auf einem Lager aus Stein: Eine reglose Gestalt in Roben, die ich sofort als Kleidung des alten Hyperborea erkannte. Jemand von meinem eigenen verfluchten Blut? Mein Herz schlug schneller. Ugulaan fand ein Buch bei Ihm, so uralt dass die Seiten unter groben Fingern wie meinen zu zerfallen drohten. Aber ich war der Einzige unter uns, der sie als einen alten Dialekt meines Volkes erkannte. Der Inhalt aber ging über meine Kunst hinaus. Nutzloses Gekritzel.</p>
<p>Nützlicher war das Schlüsselbund mit vier Schlüssel, das wir bei ihm fanden. Ugulaan hat für sein Alter noch einen scharfen Blick, er fand eine Schriftrolle, die uns vor Dämonen schützen sollte. Gut, dass er das widernatürliche Ding schnell in seinem Gepäck verschwinden ließ. Da war noch ein Mantel, der ebenfalls magisch sein sollte. Wir würden uns am nächsten Tag um ihn und die verschiedenen Phiolen kümmern: Diesen Raum konnten wir gegen alle Widrigkeiten blockieren, um hier eine sichere Rast zu halten.
Eine ruhige Nacht war mir lieber als magische Schätze, die letzte Nacht mit Gelächter und Wein in Xambaala schien mir unvorstellbar lange her.</p>
<p>Es dauerte nicht lange und wir alle fielen in verdienten Schlaf.</p>
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